Frau Maïte Franco hat dieses Forschungsprojekt im Rahmen ihrer Masterarbeit in Psychologie unter der Aufsicht von Dr. Andreia Costa aus dem Institute for Health and Behaviour des Department of Behavioural and Cognitive Sciences durchgeführt.
Frau Maïte Franco hat dieses Forschungsprojekt im Rahmen ihrer Masterarbeit in Psychologie unter der Aufsicht von Dr. Andreia Costa aus dem Institute for Health and Behaviour des Department of Behavioural and Cognitive Sciences durchgeführt.
Das Ziel des Projektes war es, zu untersuchen, ob die Wahl der Sprache zu Hause mit den sozialen Fähigkeiten autistischer Kinder zusammenhängt.
Vielen Eltern autistischer Kinder werden Ratschläge gegeben, in welcher Sprache sie im Umgang mit ihrem Kind benutzen sollen. Sehr oft lautet dieser Rat, sich auf eine einzige Sprache zu beschränken, nämlich die kulturell vorherrschende Sprache. Wissenschaftliche Untersuchungen legen jedoch nahe, dass die Empfehlung an die Eltern, ihr Kind einsprachig zu erziehen, nicht ausreichend wissenschaftlich gestützt werden kann, und dass Mehrsprachigkeit nicht als schädlich befunden wurde, sondern für autistische Kinder sogar von Vorteil sein kann. Insbesondere im Hinblick auf soziale Fähigkeiten und Beziehungen legen einige Untersuchungen nahe, dass Eltern weiterhin in ihrer Muttersprache mit ihrem Kind kommunizieren sollten, auch wenn dies zu einer zwei- oder mehrsprachigen Kommunikation führt.
Obwohl diese Ergebnisse im Hinblick auf den sozioökonomischen Status mit Vorsicht zu interpretieren sind, hat sich gezeigt, dass Mehrsprachigkeit bei Kindern mit normaler Entwicklung mit größerer Aufmerksamkeit, besseren exekutiven Funktionen und einer größeren Hemmungskontrolle, größerer persönlicher Bereicherung, kultureller Weitergabe und sozialen Vorteilen verbunden ist. Daher besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sich autistische Kinder die gleichen Vorteile zu Nutze machen könnten.
Das „Language Socialization Paradigma“ besagt, dass der Spracherwerb und der Sozialisationsprozess so integriert sind, dass eine Person soziokulturelles Wissen über eine Sprache, und sprachliches Wissen über ihre Sozialisation erwirbt. Dies würde bedeuten, dass die Sozialisierung eines Kindes mit den verwendeten Sprachen zusammenhängt. In dem Wissen, dass die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten bei autistischen Kindern eingeschränkt sind, könnte die Analyse dieses Verhältnisses schließlich dazu genutzt werden, diese Fähigkeiten zu trainieren und die Unterstützung der betroffenen Familien und ihren autistischen Kindern zu verbessern.
Viele Länder profitieren von multikulturellen Einflüssen, und es wird immer unmöglicher, die Einsprachigkeit aufrechtzuerhalten – insbesondere in Luxemburg, einem Land, das so reich an Kulturen und Sprachen ist. Hier wird vielen Eltern geraten, sich darauf zu beschränken, mit ihrem Kind nur Französisch zu sprechen, da Französisch eine Amtssprache ist und die Betreuung und therapeutische Unterstützung erleichtert. Da jedoch viele der betroffenen Familien nicht die französische Staatsangehörigkeit besitzen oder sich selbst nicht als Muttersprachler betrachten, könnte dies zu Unsicherheiten, Ängsten und Komplikationen in Bezug auf die Interaktion zu ihren Kindern führen.
Luxemburg bietet somit ein ideales Umfeld für die Analyse der Beziehung zwischen Mehrsprachigkeit und sozialer Kompetenz von Kindern mit ASD, um die Beratung und Unterstützung von Familien, Betreuern und pädagogischem und therapeutischem Personal zu verbessern.
Die meisten der oben genannten Forschungsarbeiten über autistische Kinder beruhen auf Einzelfallstudien. Daher sollte im Rahmen des Forschungsprojekts in einer größeren Stichprobe untersucht werden, welche Auswirkungen Mehrsprachigkeit auf die sozialen Fähigkeiten und Beziehungen von autistischen Kindern haben kann.
Die Daten für diese Untersuchung wurden mittels eines Online-Fragebogens erhoben, der in deutscher, englischer und französischer Sprache angeboten wurde. Der erste Teil des Fragebogens enthielt Fragen zu den demografischen Daten, den Sprachkenntnissen und der Bildung der Eltern bzw. des Kindes. Anschließend wurden die Eltern gebeten, über die Qualität der Kommunikation mit ihrem Kind zu berichten, ob sie Ratschläge zum Sprachgebrauch erhalten haben und ob sie mit diesen Empfehlungen einverstanden waren und warum. Der Fragebogen enthielt auch den Autismus-Spektrum-Quotienten – Kinderversion (AQ-Kind), die zweite Ausgabe der Skala für soziales Reaktionsvermögen (SRS-2) und einige selbst konstruierte Fragen zum Wohlbefinden der Eltern/Vormunde. Der Fragebogen musste von einem Elternteil oder Vormund des Kindes ausgefüllt werden.
Unsere statistische Analyse konnte keine signifikanten Unterschiede in den sozialen Fähigkeiten der Kinder feststellen, je nachdem, welche und wie viele Sprachen mit ihnen gesprochen wurden. Das bedeutet, dass sich die sozialen Fähigkeiten der Kinder nicht unterscheiden, wenn die Eltern nur ihre Muttersprache, nur eine Fremdsprache, ihre Muttersprache und andere Sprachen oder mehrere Sprachen ohne ihre Muttersprache verwenden.
Es wurde jedoch festgestellt, dass der Sprachgebrauch einen Einfluss darauf hat, wie die Eltern ihre Fähigkeit einschätzen, sich in der Interaktion mit ihren Kindern wohl, authentisch und frei zu äußern. Unsere Ergebnisse zeigten, dass Eltern, die nur ihre Muttersprache verwenden, sich deutlich wohler und authentischer fühlten und sich freier ausdrücken konnten als die Eltern aller anderen Gruppen. Eltern, die nur eine Fremdsprache verwenden, fühlten sich signifikant weniger wohl und authentisch als alle anderen Eltern. Wir fanden keine signifikanten Unterschiede zwischen einsprachigen und mehrsprachigen Haushalten, unabhängig davon, ob sie ihre Muttersprache benutzten oder nicht. Schließlich fühlten sich Eltern, die ihre Muttersprache benutzten, signifikant wohler und authentischer als Eltern, die Fremdsprachen benutzten, unabhängig davon, ob sie nur eine oder mehrere Sprachen benutzten.
In unserer Studie stand der Sprachgebrauch nicht im Zusammenhang mit den sozialen Fähigkeiten von autistischen Kindern. Außerdem fanden wir heraus, dass Haushalte, die nur eine Sprache verwenden, und Haushalte, die mehrere Sprachen verwenden, sich nicht signifikant in der Fähigkeit der Eltern unterschieden, sich wohl zu fühlen, authentisch zu sein und sich frei auszudrücken.
Allerdings fühlten sich Eltern, die ihre Muttersprache nicht benutzten, bei der Interaktion mit ihrem Kind deutlich weniger wohl und authentisch, sowohl wenn sie nur eine Fremdsprache als auch mehrere Fremdsprachen benutzten.
Unsere Ergebnisse deuten also darauf hin, dass der übliche Ratschlag, nur eine Sprache (häufig eine Fremdsprache) zu verwenden, den Kindern keine Vorteile in Bezug auf ihre sozialen Fähigkeiten bringt und sich sogar negativ auf die Fähigkeit der Eltern auswirken kann, angemessen mit ihren Kindern zu kommunizieren, was sich wahrscheinlich auf die Dynamik und die Beziehung zwischen Eltern und Kind auswirkt.
Diese Studie wurde von der Ethikkommission der Universität Luxemburg genehmigt: ERP 20-019 SSMCA
Wenn Sie weitere Informationen über diese Studie erhalten möchten, kontaktieren Sie uns bitte unter autisme@uni.lu.
ABONNIEREN SIE DEN NEWLETTER FÜR NEUIGKEITEN UND EINLADUNGEN ZUR TEILNAHME AN STUDIEN